Rhein-Ruhr-Magazin 02-03/20201
Die nächste (Farbe) bitte!
Wer sein Zuhause farblich verändern möchte kann von einer „Farbsprechstunde“ mit Dipl. Farbberaterin Nathalie Pagels profitieren. Gemeinsam werden dort Leitfäden für das eigene Projekt erarbeitet.
RRM: Frau Pagels, Sie sind als Farbkonzepterin und in der Lehre tätig. Was genau ist die „Farbsprechstunde“ und an wen ist sie gerichtet?
Nathalie Pagels: Die Farbsprechstunde richtet sich an alle, die aktiv mit Farbe umgehen oder umgehen möchten. Sowohl im Fachbereich Architektur als auch für private Bauherren.
RRM: Gibt es eine Voraussetzung für die Farbsprechstunde?
Nathalie Pagels: Ja, es gibt ein Basisseminar das der Farbsprechstunde vorausgeht. Es trägt den Titel: “Mit Weiß kann man nichts falsch machenEs ist eine Art „Reset“ unserer Farburteile. Es vereint Theorie und Praxis. Das eigene Farbempfinden und das universelle Farbempfinden werden hier ganz neu entdeckt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Teilnehmer danach einen ganz neuen Zugang zur Farbe haben, Angst durch Neugierde ersetzt wird und Unsicherheiten in ein Feuerwerk an Möglichkeiten.
”Ziel der Farbsprechstunde ist es, die Teilnehmer in ihrem aktuellen Projekt zu stärken.
Nathalie Pagels
Durch unterschiedliche Blickwinkel, Entwicklungsstadien, Nutzungen, Bauherr/innen kann auf allen Ebenen der Farbgestaltung Einfluss genommen werden. Lebendiger Austausch und moderierte Weiterentwicklung versprechen eine Wertsteigerung des eigenen Projektes. Und halten es auch.
RRM: Worin liegt der Wert einer Farbgestaltung?
Nathalie Pagels: Wertvoll ist eine Farbgestaltung immer dann, wenn sie unser Leben verbessert, wenn sie den Nutzer in den Fokus nimmt, wenn ihr funktionaler Charakter unser Leben erleichtert und unsere Sinne in positiver Weise angeregt werden. Wertvoll ist eine Farbgestaltung, wenn sie zur Orientierung beiträgt, zur Identifikation, zu guter Arbeit oder zur Regeneration. Wenn sich die Menschen wohl fühlen und sicher, oder geborgen und willkommen. Im Grunde geht es um die Frage: was sind wir uns wert? Wieviel Aufmerksamkeit, Sorgfalt, Zeit und Lebensfreude erlauben wir uns und wollen wir teilen?
RRM: Was erfahren die Teilnehmer während des Seminars?
Nathalie Pagels: Die Teilnehmer erfahren welche Fragen gestellt werden müssen, um sich einem Projekt zu nähern. Sie erfahren, wie relevant Farbentscheidungen sind und wie sehr sie zu einem gelungenen Raumeindruck beitragen. Die Teilnehmer erfahren, dass Farbe eine Empfindung ist, und dass es neben dem persönlichen auch ein kollektives Farbempfinden gibt. Sie erfahren den Umgang mit Farbe im System und systematischem Gestalten. In der Farbsprechstunde kreieren wir mit einer sehr feinen Auswahl an Farbtonkarten aus dem RAL Design System Farbstimmungen für das eigene Projekt. So ist Farbe direkt und konkret einsetzbar. Die Teilnehmer erfahren auch, dass die Kraft in gemeinschaftlicher Auseinandersetzung eines Projektes wesentlich größer ist als das Denken in Isolation und Konkurrenz. Jeder der das Seminar besucht, hat hinterher einen handfesten Leitfaden für die Weiterentwicklung des eigenen Projektes.
”Einfühlen in die Projekte anderer erweitert die Perspektive. Das macht frei, inspiriert und fördert die Kreativität des Einzelnen.
Nathalie Pagels
RRM: Wodurch ändern die Seminarteilnehmer Ihren Blickwinkel?
NP: Ich denke ein wesentlicher Aspekt ist die Vielfalt, der Blick über den Tellerrand, das Verlassen der eigenen Blase. Die Sichtweise ändert sich auch konkret dadurch, dass die Teilnehmer die Wirkung der Farbe am eigenen Leib erfahren. Oder anhand Vorher-Nachher Beispiele, die keiner Erklärung bedürfen, sondern zeigen, was Farbe kann. „Aha“-Erlebnisse ergeben sich auch durch das Einfühlen in die Projekte anderer, durch die Erweiterung der Perspektive. Das macht frei, inspiriert und fördert die Kreativität des Einzelnen.
RRM: Was unterscheidet Ihre Seminare von den übrigen Farbseminaren?
NP: Die Seminare sind sehr praxisnah und alles Gelernte lässt sich konkret im Eigenen (Berufs)-leben umsetzen. Es herrscht ein lebendiger Austausch auf Augenhöhe, der alles verständlich und erfahrbar macht. Trotz klarer Struktur gibt es kein starres Gerüst, sondern das Seminar lässt viel Platz und Raum für den Einzelnen. Im wahrsten Sinne. Die Seminare stärken die Teilnehmer in Ihrer Eigenverantwortung und ertüchtigen sie mit Farbe umzugehen. Und zwar auf ihre ganz persönliche Art. Wahrscheinlich ist ein Unterschied auch meine Motivation (lacht). Ich liebe die Farbe und ich liebe die Menschen. Aus beidem möchte ich das Beste herausholen.