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AZ/Architekturzeitung 05/2016

Ein „Leitfächer der Farbgestaltung“ für Lehre und Praxis

Im Gespräch mit Rolf Mauer erklärt Nathalie Pagels den „Leitfächer der Farbgestaltung“, der auf der FAF in München vorgestellt wurde. Der Leitfächer dient als Handwerkszeug für jeden, der mit Farbe umgeht.

Rolf Mauer: Frau Pagels, was verbirgt sich hinter dem „Leitfächer der Farbgestaltung“?

Nathalie Pagels: Der Leitfächer der Farbgestaltung ist das Ergebnis aus zwanzig Jahren Erfahrung. Er ist Einstieg und Zusammenfassung zum Thema Farbe und seiner Anwendung in der Gestaltung. Er zeigt sehr kompakt und praxisnah Wege auf, um zu einer bewussteren Farbentscheidung zu kommen.

Mauer: Für wen haben Sie den Leitfächer konzipiert?

Pagels: Für alle, die mit Farbe umgehen oder umgehen möchten. In meinen Seminaren sind sehr unterschiedliche Disziplinen: Architekten und Architekturstudenten, Lehmbauer und Malermeister, Kundenberater und Endkunden. Alle diese Disziplinen sprechen eine andere Sprache. Genau hier setzt der Leitfächer an. Die Information wird jedem, verständlich und auch bezahlbar, zugänglich gemacht. Ich hatte Fachbücher am nötigsten, als ich sie mir nicht leisten konnte.

Der Leitfächer der Farbgestaltung dient dem Gestalter als Werkzeug und Inspiration sowie als Argumentationshilfe vor dem Kunden.

Nathalie Pagels

Mauer: Wie ist der Leitfächer einzusetzen?

Pagels: Der Leitfächer der Farbgestaltung dient dem Gestalter als Werkzeug und Inspiration sowie als Argumentationshilfe vor dem Kunden. Ein „Kapitel“ behandelt in knappen Fakten das „Missverständnis Weiß“. Der Leitfächer der Farbgestaltung ist so aufgebaut, dass er in der Lehre einzusetzen ist. Die Technische Uni Dresden hat ihn ebenso in ihrem Portfolio wie die Malerinnung Düsseldorf.

Mauer: Brauchen wir denn mehr Mut zur Farbe?

Pagels: Nein, unsere Gesellschaft braucht nicht mehr Mut zur Farbe, sondern mehr Empathie und Verständnis zum Phänomen Farbe. Die Angst vor Farbe entstammt der Angst, etwas Falsches zu machen. Angst haben wir vor dem Unbekannten, dem uns nicht (mehr) Vertrauten. Verstehen kann ich aber nur, was ich kenne.
Leider wird die Ausbildung zur Farbe und seiner Anwendung in allen Disziplinen fahrlässig vernachlässigt. Es muss also ein Umdenken hinsichtlich des Stellenwertes von Farbe in der Gesellschaft stattfinden, gleichsam muss der Weg zurfachübergreifenden Zusammenarbeit geebnet werden. Keiner muss den Ball alleine ins Tor bringen.

Mauer: Warum ist Farbe so wichtig?

Pagels: Farbe ist eine Empfindung und wirkt auf unseren gesamten Organismus. Auf unsere Psyche, unsere Erinnerungen, unsere Orientierung und unsere Fähigkeit zu differenzieren. Farbe wirkt auf unser Tun und Handeln, auf unseren Umgang mit der Welt. Farbe kann uns, mit Respekt genutzt, dienlich sein.
Mit jeder Farbentscheidung, die wir treffen, setzen wir eine Ursache. Mit jeder Farbentscheidung, die wir nicht treffen, prellen wir uns um die gewünschte Wirkung oder erreichen sogar das Gegenteil. Es gibt keine „richtigen“ oder „falschen“ Farben. Es gibt nur die falsche Farbe für diese oder jene Funktion und Empfindung. Oder eben die richtige.

Mauer: Frau Pagels, besten Dank für das Gespräch.